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(Hamburgisches Dolmetschergesetz - HmbDolmG)
vom 1. September 2005*
Stand: | letzte berücksichtigte Änderung: zuletzt geändert durch Artikel 6 des Gesetzes vom 15. Dezember 2015 (HmbGVBl. S. 362, 367)1) |
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- Artikel 5 des Gesetzes zur Deregulierung des Landesrechts vom 1. September 2005 (HmbGVBl. S. 377)
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Gemäß Artikel 11 dient dieses Gesetz der Umsetzung der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. EU Nr. L 255 S. 22), zuletzt geändert am 20. November 2013 (ABl. EU Nr. L 354 S. 132).
§ 1
Voraussetzungen für Bestellung und Vereidigung
(1) Dolmetscherinnen und Übersetzerinnen sowie Dolmetscher und Übersetzer werden auf Antrag für gerichtliche und behördliche Zwecke zur mündlichen und schriftlichen Sprachenübertragung für das Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg öffentlich bestellt und allgemein vereidigt, wenn sie
- 1.
die erforderliche persönliche Zuverlässigkeit besitzen,
- 2.
in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen leben,
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gesundheitlich geeignet sind,
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noch nicht in einem anderen Bundesland als Dolmetscherin und Übersetzerin oder Dolmetscher und Übersetzer allgemein vereidigt oder öffentlich bestellt oder ermächtigt worden sind und
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die fachliche Eignung nach § 2 besitzen.
(2) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 können Personen auch nur für die schriftliche Sprachübertragung (Übersetzerinnen und Übersetzer) oder nur für die mündliche Sprachübertragung (Dolmetscherinnen und Dolmetscher) öffentlich bestellt und allgemein vereidigt werden.
(3) Zur Verständigung mit Gehörlosen können Dolmetscherinnen und Dolmetscher für die Gebärdensprache unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 öffentlich bestellt und allgemein vereidigt werden.
§ 2
Fachliche Eignung
(1) Die fachliche Eignung im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 5 besitzt, wer
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die deutsche Sprache und die Arbeitssprache in Aussprache, Grammatik, Rechtschreibung, Stil und juristischer Fachsprache beherrscht und
- 2.
in der Lage ist, mündliche und schriftliche Äußerungen in diesen Sprachen im Tätigkeitsbereich von Behörden und Gerichten sachlich richtig und unmissverständlich zu übertragen.
(2) In den Fällen des § 1 Absätze 2 und 3 bezieht sich die Fähigkeit nach Absatz 1 Nummer 2 auf die Äußerungsform, für die Bestellung und Vereidigung vorgesehen sind.
(3) Die Nachweise nach den Absätzen 1 und 2 sind durch die erfolgreiche Teilnahme an einem Eignungsfeststellungsverfahren vor der Vorstellungskommission der zuständigen Behörde zu erbringen. Die zuständige Behörde kann Prüfungen, die in einem anderen Land der Bundesrepublik Deutschland oder in einem anderen Staat abgelegt worden sind als gleichwertig anerkennen. Das Hamburgische Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz vom 19. Juni 2012 (HmbGVBl. S. 254) in der jeweils geltenden Fassung findet mit Ausnahme seines § 10 Absatz 3 Anwendung.
§ 3
Bestellung und Vereidigung
(1) Personen, die nachgewiesen haben, dass sie die Voraussetzungen nach §§ 1 und 2 erfüllen, werden von der zuständigen Behörde öffentlich bestellt und allgemein vereidigt.
(2) Die Eidesformel lautet: „Ich schwöre, dass ich meine Tätigkeit als Dolmetscherin und Übersetzerin für die ...... Sprache treu und gewissenhaft ausüben und ausdrücklich darauf hinweisen werde, wenn ich mir hinsichtlich der Richtigkeit meiner Übertragung nicht sicher bin, so wahr mir Gott helfe“, bzw. „Ich schwöre, dass ich meine Tätigkeit als Dolmetscher und Übersetzer für die ...... Sprache treu und gewissenhaft ausüben und ausdrücklich darauf hinweisen werde, wenn ich mir hinsichtlich der Richtigkeit meiner Übertragung nicht sicher bin, so wahr mir Gott helfe“. Der Eid kann ohne religiöse Beteuerung geleistet werden. § 1 Absatz 2 gilt entsprechend.
(3) Über die Vereidigung ist eine Niederschrift zu fertigen.
(4) Die Bestellung wird durch die Aushändigung der Bestellungsurkunde wirksam.
(5) Das mit der Bestellung und Vereidigung zusammenhängende Verwaltungsverfahren insbesondere das Eignungsfeststellungsverfahren kann mit Ausnahme des Vereidigungsvorgangs über den Einheitlichen Ansprechpartner Hamburg abgewickelt werden. Es gelten die Bestimmungen zum Verfahren über die einheitliche Stelle nach §§ 71a bis 71e des Hamburgischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (HmbVwVfG) vom 9. November 1977 (HmbGVBl. S. 333, 402), zuletzt geändert am 15. Dezember 2009 (HmbGVBl. S. 444, 449), in der jeweils geltenden Fassung.
(6) Die Frist für das Bestellungsverfahren beträgt drei Monate, im Falle der Durchführung eines Eignungsfeststellungsverfahrens sechs Monate. § 42a Absatz 2 Sätze 2 bis 4 HmbVwVfG ist anzuwenden.
§ 4
Bezeichnung und Dienstsiegel
(1) Öffentlich bestellte und allgemein vereidigte Dolmetscherinnen und Übersetzerinnen sowie Dolmetscher und Übersetzer führen bei ihrer Tätigkeit für die Gerichte und Behörden die Bezeichnung „Öffentlich bestellte und allgemein vereidigte Dolmetscherin und Übersetzerin für die .... Sprache“ bzw. „Öffentlich bestellter und allgemein vereidigter Dolmetscher und Übersetzer für die .... Sprache“.
(2) Personen, die nach § 1 Absätze 2 und 3 nur für die mündliche oder schriftliche Übertragung öffentlich bestellt und allgemein vereidigt wurden, führen die Bezeichnung: „Öffentlich bestellte und allgemein vereidigte Dolmetscherin für die .... Sprache“ bzw. „Öffentlich bestellter und allgemein vereidigter Dolmetscher für die .... Sprache“ oder „Öffentlich bestellte und allgemein vereidigte Übersetzerin für die .... Sprache“ bzw. „Öffentlich bestellter und allgemein vereidigter Übersetzer für die .... Sprache“.
(3) Die in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten Personen führen bei der schriftlichen Wahrnehmung ihrer Aufgaben ein Dienstsiegel, das auf ihre Kosten von der zuständigen Behörde beschafft wird.
§ 5
Pflichten
(1) Öffentlich bestellte und allgemein vereidigte Dolmetscherinnen und Dolmetscher sowie Übersetzerinnen und Übersetzer sind verpflichtet,
- 1.
die ihnen von hamburgischen Gerichten und Behörden erteilten Aufträge zu übernehmen und persönlich auszuführen,
- 2.
Verhinderungen so rechtzeitig anzuzeigen, dass der Auftrag anderweitig vergeben werden kann,
- 3.
das Siegel nur für selbstgefertigte Übersetzungen in der Sprache zu verwenden, für die Bestellung und Vereidigung besteht, und es stets so aufzubewahren, dass es nicht von Unbefugten benutzt werden kann,
- 4.
der zuständigen Behörde Siegel und Bestellungsurkunde unverzüglich zurückzugeben, wenn die Bestellung erloschen, widerrufen oder zurückgenommen worden ist,
- 5.
die ihnen übertragenen Aufgaben gewissenhaft und unparteiisch zu erfüllen,
- 6.
die ihnen anvertrauten Urkunden und sonstigen Schriftstücke sorgsam aufzubewahren, von ihrem Inhalt Unbefugten keine Kenntnisse zu geben und sie einschließlich der Übersetzungen nur der Auftraggeberin, dem Auftraggeber oder deren oder dessen Bevollmächtigten auszuhändigen,
- 7.
Verschwiegenheit zu bewahren und Tatsachen, die ihnen bei der Ausübung ihrer Tätigkeit bekannt geworden sind, weder zu verwerten noch Dritten mitzuteilen,
- 8.
als Mitglied der Vorstellungskommission bei den Eignungsfeststellungsverfahren mitzuwirken,
- 9.
Leistungen für Gerichte und Behörden nach dem Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz in der jeweils geltenden Fassung abzurechnen,
- 10.
einer Übersetzung, sofern es sich um eine Sprache handelt, für die die Bestellung besteht, unter Angabe des Ortes und des Zeitpunkts der Ausführung der Übersetzung folgende Beglaubigungsformel beizufügen: „Die Richtigkeit und Vollständigkeit der Übersetzung wird beglaubigt.“
(2) Die Dolmetscherinnen und Dolmetscher und Übersetzerinnen sowie Übersetzer haben der zuständigen Behörde unverzüglich
- 1.
jede Änderung der Hauptwohnung und der Telefonnummer,
- 2.
eine strafrechtliche Verurteilung, soweit diese 15 Tagessätze übersteigt,
- 3.
die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Privat- und Geschäftsvermögen,
- 4.
den Verlust der Bestellungsurkunde oder des Siegels und
- 5.
eine Bestellung oder Vereidigung außerhalb der Freien und Hansestadt Hamburg
anzuzeigen.
(3) Die zuständige Behörde übt die Aufsicht über die öffentlich bestellten und allgemein vereidigten Dolmetscherinnen und Übersetzerinnen sowie Dolmetscher und Übersetzer aus; sie überwacht insbesondere, dass die Pflichten nach den Absätzen 1 und 2 eingehalten werden.
(4) Wird der zuständigen Behörde ein Verstoß gegen die Pflichten der Absätze 1 und 2 bekannt, so stellt sie dies nach erfolgter Anhörung gegenüber der betreffenden Dolmetscherin und Übersetzerin oder dem betreffenden Dolmetscher und Übersetzer fest.
§ 6
Ruhen und Beendigung der Bestellung
(1) Die nach § 3 öffentlich bestellten und allgemein vereidigten Personen können ihre Bestellung durch Anzeige bei der zuständigen Behörde ruhen lassen. Während dieser Zeit dürfen sie keine Aufträge annehmen; von der Pflicht des § 5 Absatz 1 Nummer 1 sind sie in dieser Zeit befreit; sie werden während des Ruhens der Bestellung aus dem Verzeichnis nach § 8 gestrichen. Das Siegel ist in dieser Zeit der zuständigen Behörde zu übergeben. Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.
(2) Die Bestellung erlischt durch Verzicht. Der Verzicht darf nicht zur Unzeit erklärt werden; laufende Aufträge der Gerichte und Behörden sind fortzuführen.
(3) Die Bestellung kann außer nach den Vorschriften des § 49 HmbVwVG auch bei Verstößen gegen die Pflichten nach Absatz 1 Satz 2 oder 3 oder § 5 Absätze 1 und 2 sowie bei wiederholt mangelhafter Übertragung widerrufen werden sowie für den Fall, dass bereits vor der öffentlichen Bestellung und allgemeinen Vereidigung durch die zuständige Behörde der Freien und Hansestadt Hamburg eine allgemeine Vereidigung oder öffentliche Bestellung oder Ermächtigung durch ein anderes Bundesland erfolgt war.
(4) Die Pflichten nach § 5 Absatz 1 Nummern 6 und 7 bestehen auch nach dem Ende der Bestellung fort.
§ 7
Veröffentlichung
Bestellung sowie Erlöschen, Widerruf und Rücknahme der Bestellung sind im Amtlichen Anzeiger zu veröffentlichen.
§ 8
Verzeichnis
Die zuständige Behörde veranlasst die Veröffentlichung der Daten der öffentlich bestellten und allgemein vereidigten Dolmetscherinnen und Übersetzerinnen sowie Dolmetscher und Übersetzer in elektronischer Form im Internet. Veröffentlicht werden folgende Daten:
- 1.
Namen, Anschrift, Telefonnummern, Faxnummern, E-Mail-Adressen und andere Daten, die einer besseren Erreichbarkeit dienen,
- 2.
Sprache, für die öffentlich bestellt und allgemein vereidigt wurde.
§ 8a
Vorübergehende Dienstleistungen
(1) Dolmetscherinnen und Übersetzerinnen sowie Dolmetscher und Übersetzer, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zur Ausübung einer in § 1 genannten oder vergleichbaren Tätigkeit rechtmäßig niedergelassen sind, dürfen diese Tätigkeit auf dem Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg wie eine in das Verzeichnis nach § 8 eingetragene Person vorübergehend und gelegentlich ausüben (vorübergehende Dienstleistungen). Wenn weder die Tätigkeit noch die Ausbildung zu dieser Tätigkeit im Staat der Niederlassung reglementiert sind, gilt dies nur, wenn die Person die Tätigkeit dort während der vorhergehenden zehn Jahre mindestens ein Jahr ausgeübt hat.
(2) Vorübergehende Dienstleistungen sind nur zulässig, wenn die Person vor der ersten Erbringung von Dienstleistungen im Inland der zuständigen Behörde in Textform die Aufnahme der Tätigkeit angezeigt hat. Der Anzeige müssen neben den in das nach § 8 zu führende Verzeichnis einzutragenden Angaben folgende Dokumente beigefügt sein:
- 1.
eine Bescheinigung darüber, dass die Person in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum rechtmäßig zur Ausübung einer der in § 1 genannten oder vergleichbaren Tätigkeit niedergelassen ist und dass ihr die Ausübung dieser Tätigkeit zum Zeitpunkt der Vorlage der Bescheinigung nicht, auch nicht vorübergehend, untersagt ist,
- 2.
ein Berufsqualifikationsnachweis,
- 3.
sofern der Beruf im Staat der Niederlassung nicht reglementiert ist, ein Nachweis darüber, dass die Person die Tätigkeit dort während der vorhergehenden zehn Jahre mindestens ein Jahr rechtmäßig ausgeübt hat, und
- 4.
die Angabe der Berufsbezeichnung, unter der die Tätigkeit im Inland zu erbringen ist.
(3) Die Anzeige ist jährlich zu wiederholen, wenn die Person beabsichtigt, während des betreffenden Jahres weiter vorübergehende Dienstleistungen im Inland zu erbringen.
(4) Sobald die Anzeige nach Absatz 2 vollständig vorliegt und eine Vereidigung nach Maßgabe des § 3 Absätze 2 bis 4 vorgenommen wurde, nimmt die zuständige Behörde mit der Aufnahme in das Verzeichnis nach § 8 eine vorübergehende Registrierung oder ihre Verlängerung um ein Jahr vor. Das Verfahren ist kostenfrei.
(5) Vorübergehende Dienstleistungen der Dolmetscherin und Übersetzerin oder des Dolmetschers und Übersetzers sind unter der in der Sprache des Niederlassungsstaats für die Tätigkeit bestehenden Berufsbezeichnung zu erbringen. Eine Verwechslung mit den in § 4 Absätze 1 und 2 genannten Berufsbezeichnungen muss ausgeschlossen sein.
§ 9
Ermächtigungen
Der Senat wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung,
- 1.
die Grenzen der Metropolregion nach § 1 Absatz 1 Nummer 4,
- 2.
die Voraussetzungen, Gegenstand und Ablauf des Eignungsfeststellungsverfahrens (§ 2 Absatz 3 Satz 1),
- 3.
die Voraussetzungen, unter denen Prüfungen die in einem anderen Bundesland der Bundesrepublik Deutschland oder in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union abgelegt worden sind, als gleichwertig anerkannt werden, sowie das Verfahren der Anerkennung (§ 2 Absatz 3 Satz 2),
- 4.
die nähere Ausgestaltung der Pflichten,
- 5.
den Umfang der staatlichen Aufsicht,
zu bestimmen.
§ 10
Ordnungswidrigkeiten
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig ein Dienstsiegel im Sinne des § 4 Absatz 3 oder ein Siegel führt, das einem Dienstsiegel zum Verwechseln ähnlich ist, ohne entsprechend §§ 1 und 2 öffentlich bestellt und allgemein vereidigt zu sein, handelt ordnungswidrig.
(2) Ordnungswidrig handelt auch, wer sich vorsätzlich oder fahrlässig als öffentlich bestellte und allgemein vereidigte Dolmetscherin und Übersetzerin sowie öffentlich bestellter und allgemein vereidigter Dolmetscher und Übersetzer im Sinne von § 4 bezeichnet ohne dazu berechtigt zu sein oder eine Bezeichnung führt, die mit einer Bezeichnung nach § 4 verwechselt werden kann.
(3) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 5.000 Euro geahndet werden.
§ 11
Übergangsbestimmung
Bestellungen von Dolmetscherinnen und Übersetzerinnen sowie Dolmetschern und Übersetzern nach bisherigem Recht sowie vor dem 23. September 1986 erfolgte Bestellungen bleiben in Kraft. Im Übrigen gelten für sie fortan die Bestimmungen dieses Gesetzes.